Kommentar von Thomas Sellmeir zum Artikel „Marzlinger Haushalt nachjustiert“ im Freisinger Tagblatt vom 02.07.22 über die Haushaltsabstimmung.

Es sind oft die vielen, kleinen Dinge – die am Ende oft einen Effekt haben. So hat es mich als Bürger schon lange gestört, wenn man auf Gemeinderatssitzungen oft den Eindruck hatte, dass Themen schon längst nichtöffentlich ausdiskutiert waren und die Beschlussfassung in öffentlicher Sitzung nur noch „Proforma“ war.

So erging es mir auch in der Sitzung vom 30.06.22 in Bezug auf den Haushalt 2022. Kein Wort der Nachfrage, kein Wort der Diskussion. Ohne jegliche Wortmeldung zum Thema Haushalt erfolgte die Beschlussfassung.

Aber das ist ja auch kein Wunder – für den Ursprungshaushalt 2022 gab es schon eine nichtöffentliche Sitzung, die unter dem Vorwand wichtiger Infos über die Gewerbesteuer als nichtöffentlich deklariert wurde. Aber eine nichtöffentliche Sitzung war nicht genug – auch für den abgeänderten Haushalt in dieser Sitzung gab es dann nochmals eine nichtöffentliche Sitzung.

Verwunderlich – denn Artikel 52 (2) der Bayerischen Gemeindeordnung sagt ganz klar „Die Sitzungen sind öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen.

Auch unsere Geschäftsordnung gibt in §19 nur drei Gründe für die Nichtöffentlichkeit vor: Personalangelegenheiten in Einzelfällen, Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten sowie Angelegenheiten, die dem Sozial- oder Steuergeheimnis unterliegen.

Es mag sein – hinter „verschlossenen Türen“ diskutiert sich leichter. Aber das ist weder im Sinne unserer Geschäftsordnung, noch im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger. Und dafür wurden wir – zumindest meiner Meinung nach – nicht gewählt.

In manchen Köpfen hat sich das Bild „da geht’s um Geld, das geht die Öffentlichkeit nichts an“ vielleicht manifestiert – aber Fakt ist: es ist nicht unser Geld. Und meiner Ansicht gibt es keinen Grund, die Bürgerinnen und Bürger – gerade in schwierigen Zeiten – hier außen vor zu lassen. Wir haben durch Corona nicht nur eine kleine Delle im Haushalt, sondern ein „schwarzes Loch“.

Auch zwei Versuche, diese Hürde der Nichtöffentlichkeit zu überwinden wurden rigoros abgeblockt. Allein schon, den Grund der Nichtöffentlichkeit in der Tagesordnung (welche nur für die Gemeinderäte sichtbar ist) zu vermerken, konnten sich bei einem SPD-Antrag nur wenige Ratsmitglieder anschließen. Der zweite Versuch war per Antrag die Haushaltsvorberatung öffentlich zugänglich zu machen – auch dieser fand nur wenige Stimmen im Gremium.

Es wäre eine tolle Chance gewesen, hätte hier ein Umdenken stattgefunden.

Das Prinzip der Öffentlichkeit ist ein hohes Gut. Schade, wenn nur die Beschlussfassung öffentlich stattfindet – und die eigentliche Beratung, Diskussion und Abwägung eben nicht. Es ist mir ein Rätsel, wie diese Vorgehensweise ‚legitimiert‘ ist, es sei denn durch Das-Haben-Wir-Immer-So-Gemacht: Für das Hauptorgan Gemeinderat besteht die Möglichkeit einer solchen Vorberatung grundsätzlich nicht, es sei denn, einzelne Gegenstände erfordern eine Vorberatung, weil das „öffentliches Wohl“ oder „berechtigte Interessen Einzelner“ tangiert werden.

Als Bürger war ich schon enttäuscht. Als Gemeinderat bin ich es auch. Aus diesem Grund sah ich keine Möglichkeit, außer gegen den Haushalt zu stimmen, denn das Verfahren passt in meinen Augen nicht zu der Erwartungshaltung, die wir vor zwei Jahren mit dem Versprechen nach maximaler Transparenz geweckt haben.



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